Etwas Besonderes: Ein Eintrag aus dem Elvis Diary

Hier kommt etwas ganz Besonderes zum 8.Geburtstag vom E -Wurf: da Carina Koch, Frauchen von Elvis nicht nur meine gute Freundin, aber auch Schriftstellerin ist, habe ich sie gefragt, ob ich eine Geschichte aus dem Elvis Diary posten darf: Und sie hat es erlaubt. Also hier kommen ganz viele Fotos von Elvis und eine Geschichte aus dem schönen Griechenland, wo Elvis mit seinen Besitzern die Winterzeit verbringt! Viel Spaß!

Die Erde bebt

Mittwoch, 20. Januar 2021

 

Ich räkele mich wohlig. Grunz. Unser hochherrschaftliches Bett ist mein Lieblingsort und der einzige Platz im Wohnmobil, wo ich mich nach Herzenslust strecken und recken kann, ohne an eine Wand, einen Schrank oder an ein Tischbein zu stoßen. Seufz. Ich kuschele mich in meine Decke und lausche dem gleichmäßigen Klang von Inas Atem und dem tiefen Schnarchen von Micky. Inmitten meines Rudels fühle ich mich sicher und geborgen, mir fallen die Augen zu und ich begebe mich in Morpheus Arme.  

Plötzlich schrecke ich hoch. Unser Wohnmobil bebt. Ina schläft sorglos weiter. „Warst du das, Elvis?!“ Micky schaut mich fragend an. Häh?! Darauf erwartet er doch nicht allen Ernstes eine Antwort. Ich beherrsche zwar viele Kunststücke, Zauberei gehört jedoch nicht dazu. Da, wieder. Ein heftiger Erdstoß rüttelt an unserem Camper und reißt Ina aus dem Tiefschlaf. „Was ist denn hier los?“ Sie schlingt ihre Arme fest um mich. Ich bibbere. Micky fixiert sein Handy, entlockt ihm nähere Informationen und erklärt mit beruhigender Stimme: „Ihr braucht keine Angst zu haben, das Erdbeben ist nicht schwach und zudem weit entfernt.“ Sekundenlang bebt der Boden unter unserem Camper. Ich zittere am ganzen Körper. Will uns die Erde verschlucken? Ich traue mich nicht vom Bett herunter und presse meinen Körper fest an meinen Rudelführer. Von ihm ist am Ehesten Hilfe zu erwarten, wenn es hart auf hart kommt. An Schlaf ist nicht mehr zu denken. „Also gut, da wir alle hellwach sind, können wir unseren Morgenspaziergang ebenso gut nach vorne verlegen und gleich losmarschieren. Nicht wahr, Elvis?“ Ich zögere. Normalerweise wäre ich der erste, der bei dieser freundlichen Aufforderung losprescht. Ich habe Angst, was mich da draußen erwartet. Werde ich mit Haut und Haaren verschlungen? Falle ich womöglich in einen gähnenden Abgrund?

Ina öffnet die Tür und marschiert voran. „Hopp, Elvis, hopp!“ Ich will nicht als Looser dastehen, nehme all meinen Mut zusammen und springe nur für sie die beiden Stufen hinab. Meine Pfoten berühren den Boden und es passiert……Nichts. Wie immer fühle ich die kleinen Kieselsteine zwischen meinen Zehen, spüre den festen Untergrund unter meinem Körper und bin wahnsinnig erleichtert, dass ich nicht ins Erdreich versinke.

Ich blicke um mich. Alles scheint wie immer. Oder etwa doch nicht? Dichter Nebel liegt über dem Meer, der Himmel ist in trübes Grau gehüllt und die Fischerboote verschwinden in weißer Watte. Selbst die Felsblöcke, die sonst so mächtig aus den schäumenden Wogen herausragen, sind nur als schwache Silhouetten zu erkennen. Keine Menschenseele treibt sich bei diesem Wetter am Strand herum. Ich bleibe dicht bei meinem Frauchen und passe auf, dass sie sich nicht verläuft. Schließlich ist sie nicht mit einer High Tech Spürnase ausgestattet wie ich und mit ihrer Sehkraft steht es nicht zum Besten. Mein Beschützerinstinkt ist hellwach. Plötzlich tauchen wie aus dem Nichts Sissi und Susi auf. Inzwischen ist es zur Gewohnheit geworden, dass wir den beiden auf unseren Morgenspaziergängen begegnen. Sissi ist ein Landseer Mix mit schwarz-weißem Fell und hohen Beinen. Sie hat als Straßenhund gelebt, bevor Susi sich in sie verliebt und sie adoptiert hat. Ein grässlicher Mann hat sie an die Kette gelegt und ihr den Schwanz kupiert. Bei dem Gedanken daran wird mir übel und ich schüttele mich angewidert. Wie können die Menschen bloß so grausam sein und armen Tieren völlig sinnlos den Schwanz abschneiden? Wozu soll das gut sein? Puh. Anderen Hunden gegenüber hegt Sissi tiefes Misstrauen. Da bilde ich keine Ausnahme, obwohl ich nichts gegen sie habe. Sowie ich mich ihrem Frauchen nähere, gibt sie mir unmissverständlich zu verstehen, dass ich Leine ziehen soll. Inzwischen akzeptieren wir einander, Freunde werden wir jedoch nicht. Ganz anders bei Ina und Susi. Die beiden Frauen setzen sich auf eine Bank und ratschen. Und ratschen. Und ratschen. Für Sissi ist das nichts Neues, sie ergibt sich in ihr Schicksal und ruht sich aus. Mir ist das zu langweilig.

Ich strecke meine Nase in die Höhe und rieche den penetranten Geruch von Katzen. Aha, wir befinden uns ganz in der Nähe der Katzen – Jammer – Mauer. Auf einem Mauervorsprung treffen sich die Streuner der Gegend, hecken fiese Pläne aus, lassen sich die Sonne aufs Fell scheinen und schnurren dabei zufrieden, mimen eins auf harmlos und wickeln die einfältigen Einheimischen um ihre Pfoten. Die Griechen lieben ihre Samtpfoten und streuen ihnen Futter auf die Mauer. Für mich tut das keiner. Stöhn. Ich bin dazu verdammt, die von ihnen verschmähten Knochen vom Boden aufzulesen.  Mal sehen, was ich heute abgreifen kann. Ich stelle mich auf meine Hinterbeine und blicke über den Mauerrand. Mein Anblick reicht meist schon, die Viecher zu verscheuchen. Diesmal jedoch bläht sich ein räudiger Kater vor mir auf, macht einen Buckel, faucht und denkt nicht daran, das Weite zu suchen. Wuff. Mein sonores Kläffen jagt ihm Angst ein. Blitzschnell flüchtet er auf den Baum neben dem Gemäuer. Ein weiteres Wuff und er erklimmt die Baumspitze. Gut so.

„Elvis, wo bist du? Komm her!“ Aus der Ferne dringt Inas Stimme an mein Ohr. Nö. Komm du doch, wenn du was willst. Ich habe Wichtigeres zu tun, ich muss die Mauer vom Katzenfutter befreien. Akribisch schlecke ich jede noch so kleine Perle vom Sims. Erst nach getaner Arbeit trete ich den Rückzug an. Hocherfreut schließt Ina mich in ihre Arme, als der Nebel mich freigibt. „Da bist du ja, mein Liebling. Wo warst du denn?“ Ich werde geherzt und abgeschleckt, als wenn wir Monate voneinander getrennt gewesen wären. Wisst ihr, wie sehr ich den Nebel liebe? Ich kann mich so herrlich darin verstecken, meine Schandtaten vor meinen Herrschaften verbergen und dafür sogar noch belohnt werden. Einem Erdbeben hingegen kann ich so gar nichts abgewinnen.

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